Systemische Beratung im Kindergarten

Die systemische Beratung ist ein beliebter Beratungsansatz, der vor allem in der sozialen Beratung (z. B. in der Familientherapie oder in Gruppen wie Mitarbeiter-Teams) zielführend angewendet wird. Auch im Alltag von Erzieherinnen und Erziehern in Kindertageseinrichtungen spielt die Beratung eine wichtige Rolle – sei es, um Kinder gezielt in ihrer Entwicklung zu fördern, Beobachtungen und Verhaltensweisen zu reflektieren oder konstruktive Elterngespräche zu führen. Wir stellen Dir vor, welche Bedeutung der systemischen Beratung im Kindergarten zuzuschreiben ist und wo sie sich zielführend einsetzen lässt.
Was ist systemisches Coaching?
Wann ist systemische Beratung in der Kita sinnvoll?
Kennzeichen systemischer Arbeit in Kita und Schule
- Wertschätzung: Akzeptanz und Einfühlungsvermögen zeichnen die Grundhaltung systemischer Beraterinnen und Berater aus. Sie gehen unvoreingenommen in die Beratung, bleiben neutral und verstehen sich als Vermittler.
- Begegnung auf Augenhöhe: Die Auftragsklärung bildet die Basis, um eine systemische Beratung durchzuführen. Die Klärung des Auftrags sollte sich nach den Bedürfnissen der Klienten richten und nicht nach einem standardisierten Vorgehen. Denn das Menschenbild, welches der systemischen Beratung zu Grunde liegt, sieht die Autonomie des Einzelnen vor und fußt somit auf der Annahme, dass die Klienten die Experten für ihr eigenes Leben sind. Berater und Klient begegnen sich auf Augenhöhe.
- Lösungsorientierung: Der Schwerpunkt der Beratung liegt darauf, die Menschen im Hier und Jetzt dabei zu unterstützen, eine passende Lösung zu finden und weniger auf der Analyse von Konflikten oder Problemen, die in der Vergangenheit wurzeln. Hypothetische Situationen, Metaphern und gedankliche Fallbeispiele helfen dabei, eine neue Perspektive zu entwickeln und Handlungsoptionen aufzudecken.
- Ressourcenorientierung: In jedem schlummern Stärken und Kompetenzen, die sich lösungsorientiert einsetzen lassen. Ein systemischer Coach hilft mittels geschickter Gesprächsführung dabei, diese Fähigkeiten freizusetzen und eine Veränderung zu bewirken, die das gesamte System positiv beeinflussen kann.
- Selbstheilungskräfte: Die Annahme ist, dass die Lösung in den Beteiligten selbst zu finden ist. Mittels geeigneter Werkzeuge soll der Berater die Selbstheilungskräfte des Systems anstoßen. Dies gelingt durch die Reflexion des Verhaltens, der Beziehungen und Situation der Betroffenen: es werden neue Erkenntnisse gewonnen und eine neue Realität kann konstruiert werden.
Ziele der systemischen Arbeit in der Kita
- Bei Problemen und Konflikten: Ob Unstimmigkeiten im Team oder in der Zusammenarbeit mit den Eltern – die Ansätze und Methoden der systemischen Beratung helfen an vielerlei Stellen im Kita-Alltag. Indem der Schwerpunkt gezielt auf potenzielle Lösungen sowie die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Beteiligten gelegt wird, wird lösungsorientiertes Vorgehen geschult und Schwierigkeiten können zum Wohle aller überwunden werden.
- Zur Förderung der Eltern-Kind-Beziehung: Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist vor allem im frühen Kindesalter elementar. Erzieherinnen und Erzieher können hier eine wichtige Position einnehmen und dazu beitragen, eine stabile und positive Beziehung zwischen Eltern und Kindern zu etablieren und zu stärken. Durch die systemische Beratung der Eltern lernen diese, auf die Bedürfnisse ihres Kindes einzugehen und möglichen Schwierigkeiten konstruktiv zu begegnen.
- Zur Förderung der kindlichen Entwicklung: Im Mittelpunkt des Kita-Alltags steht das Wohl, die Entwicklung und Förderung der Kinder. Sowohl die kognitive als auch die motorische und emotionale Entwicklung der Kleinsten können durch die systemische Betrachtung des Kindes und seines Umfelds gezielt gefördert werden.
Systemisches Arbeiten mit Kindern: Die Methoden
- Reframing: Eine bestehende Situation und das Verhalten aller wird hierbei aus einer anderen Sichtweise betrachtet. Daraus lassen sich neue Erkenntnisse gewinnen und eine Umdeutung hin zu einer positiven Wahrnehmung des Verhaltens / der Situation wird ermöglicht.
- Disney-Methode: Bei dieser Kreativitätstechnik geht es darum, in wechselnde Rollen zu schlüpfen und ein Problem / eine Fragestellung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Auf diese Weise lassen sich Ziele ausloten und kreative Ansätze identifizieren, mit denen weitergearbeitet wird.
- Reality-Check: Ausgehend von dem Wissen, dass Empfinden und Einschätzungen immer subjektiv sind, versucht der Coach durch geschicktes Fragen herauszustellen, wie sich der Kern eines Problems gestaltet.
- Arbeit mit Hypothesen: Systemische Hypothesen als Annahme über die Wirklichkeit aufzustellen kann helfen, Wechselwirkungen im System aufzuzeigen. Diese vorläufigen Annahmen werden geprüft, bei Bedarf modifiziert und dienen als Grundlage, um sogenannte „Interventionen“ vorzunehmen: Das sind Werkzeuge und Methoden, die der systemische Berater im Laufe des Prozesses und in der Beratung einsetzt. Im Kita-Kontext sind vor allem kreative und spielerische Interventionen sinnvoll, um auf zugängliche Weise schwierige Themen oder Situationen zu diskutieren.
- Mit Fragen führen: Geschickt gestellte Fragen dienen dazu, um zur Reflexion anzuregen und neue Perspektiven zu eröffnen. Ein Beispiel sind sogenannte „zirkuläre Fragen“: Durch diese Art von Fragen können Wechselwirkungen aufgezeigt werden, z. B.: „Was würde geschehen, wenn Du als Nächstes dies oder jenes tust?“ So lassen sich auch Verhaltensmuster erkennen sowie Beziehungs- und Interaktionsdynamiken verstehen – was letztlich hilft, der komplexen Ausgangslage zu begegnen.
Ablauf einer systemischen Beratung im Kindergarten
- Erstgespräch: In einem ersten Gespräch kommen alle Teilnehmer wie Erziehungsberechtigte oder Bezugspersonen, systemische Berater und Erzieher zusammen und tauschen sich zur gegebenen Situation, der Entwicklung des Kindes und über mögliche Probleme aus. Auf diese Weise bekommen alle einen Überblick über die Situation und grobe Ziele können festgelegt werden.
- Kontrakt: Es wird in der Auftragsklärung genau festgelegt, wie sich die Beratungsarbeit gestaltet, welche Ziele anvisiert werden und wie die unterschiedlichen Interessen, Rollen und Verantwortungsbereiche am besten berücksichtigt werden.
- Systemische Gespräche: Mit ihrem Werkzeugkoffer an vielfältigen Methoden steigen die Coaches in die systemische Beratung ein.
- Evaluation: Nun werden die eingangs gesetzten Ziele überprüft, der gesamte Prozess reflektiert und gemeinsam bewertet, ob Handlungsalternativen und damit wirksame Lösungen für die Praxis herbeigeführt werden können.