Zur hochwertigen pädagogischen Arbeit in einer Kindertageseinrichtung gehört eine umfassende Bildungsdokumentation, die in jedem Bundesland erwartet wird. Dabei handelt es sich um systematische, gezielte und strukturierte Beobachtungen, die dabei unterstützen
- Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsauffälligkeiten festzustellen
- individuelle Förderangebote zu schaffen
- bestehende Bildungsangebote zu beurteilen
- Kindern mit Handicap den Übergang von der Kita zur Grundschule zu erleichtern
- den Stand der Sprachentwicklung in der Kita-Gruppe zu überprüfen
- Aussagen über die motorische Leistungsfähigkeit eines Kindes zu treffen
- Verhaltensproblemen vorzubeugen
- Traumata zu erkennen
Das Ziel einer Bildungsdokumentation ist es, die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Kita-Kinder frühzeitig festzustellen und darauf basierend Angebote für eine gesunde Entwicklungs- und Lernumgebung zu schaffen.
Wir zeigen dir, wie du Bildungsprozesse beobachten und Beobachtungsverfahren effektiv in deiner Einrichtung nutzen kannst.
- Bildungsprozesse beobachten
- Beobachtungsverfahren im Überblick
- Beobachtungsbogen anwenden
- Tipps für Ihre Bildungsdokumentation
- Dokumentation und Diagnostik: Fort- und Weiterbildungsangebote
Bildungsprozesse beobachten
Jeder Mensch beobachtet seine Umwelt und zieht aus dem, was er oder sie wahrnimmt, Rückschlüsse. Beobachtungsverfahren in der Kita müssen allerdings möglichst objektiv und wertfrei – also frei von Vorurteilen – vonstattengehen. Es geht daher nicht um eine intuitive, subjektive Einschätzung, sondern um fundierte Erkenntnisse, die den Entwicklungsprozess und die Bildung eines Kindes beschreiben.
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Bildungsprozesse beobachten und dokumentieren
Beobachtungsverfahren in der Kita im Überblick
Eine professionelle Beobachtung und Dokumentation von frühpädagogischen Bildungsprozessen erfordert von Erzieherinnen und Erziehern eine Auseinandersetzung mit ihrer subjektiven Wahrnehmung, aber auch Kenntnisse über die möglichen Formen der Beobachtung, die je nach Zielsetzung, Beobachtungssituation und Erfassungstechnik voneinander unterschieden werden. Wir geben dir im Folgenden einen kurzen Überblick zu den verschiedenen Formen
- Offene vs. verdeckte Beobachtung
- Gelegenheitsbeobachtung
- Systematische Beobachtung
- Detaillierte Beobachtung
- Teilnehmende vs. nicht teilnehmende Beobachtung
- Gruppen- vs. Einzelbeobachtung
- Beschreibende vs. registrierende Beobachtung
Offene und verdeckte Beobachtung: Bei der offenen Beobachtung wissen die Kinder, dass sie von ihrer Erzieherin oder ihrem Erzieher unter die Lupe genommen werden. Sie können dann zu einem angepassten, aber auch lustlosen Verhalten neigen. Bei einer verdeckten Beobachtung hingegen kann natürliches Verhalten besser erfasst werden.
Gelegenheitsbeobachtung: Zufällige, unstrukturierte Beobachtungen bedeuten nicht, dass sie unvorbereitet geschehen. Im Gegenteil: du als pädagogische Fachkraft hältst stets die Augen offen und bist daher in der Lage, Auffälligkeiten zu erfassen und zu dokumentieren. Gelegenheitsbeobachtungen können wichtige Erkenntnisse zum Entwicklungsstand beinhalten und eignen sich mitunter gut als Anlass für ein Elterngespräch.
Systematische Beobachtung: Im Gegensatz zu Gelegenheitsbeobachtungen sind systematische Beobachtungen zielgerichtet und methodisch geplant und vorbereitet. Der Anlass ist eine konkrete Beobachtungssituation zu einem festen Zeitpunkt. Bewusst wird dabei die Aufmerksamkeit auf “typisches Verhalten” gelegt, das bei der Interaktion zwischen dem Kita-Kind und anderen Spielgefährten oder mit Erwachsenen erfolgt.
Detaillierte Beobachtung: Eine detaillierte Beobachtung kannst du z. B. durch Videoaufnahmen unterstützen. Ziel hierbei ist es, möglichst viele Informationen innerhalb einer festgelegten Zeitspanne festzuhalten. Diese werden im Anschluss sortiert, kategorisiert und ausgewertet. Allerdings ist diese Art der Beobachtung sehr zeitintensiv und erfordert Erfahrung und auch die Mithilfe deiner Kolleginnen und Kollegen.
Teilnehmende und nicht teilnehmende Beobachtung: Bei einer teilnehmenden Beobachtung bist du als pädagogische Fachkraft Teil des Geschehens. Diese Form der interaktiven Beobachtung kommt vor allem in der frühpädagogischen Praxis zum Einsatz. Bei der nicht teilnehmenden Beobachtung hingegen greifst du nicht in das Geschehen ein, stehst als Beobachter außerhalb der Situation und kannst unmittelbar Notizen machen.
Gruppenbeobachtung und Einzelbeobachtungen: Je nachdem, ob du das Verhalten bei der Interaktion zwischen mehreren Kindern einer Gruppe oder die Handlungen eines bestimmten Kindes festhalten willst, bietet sich eine Gruppen- bzw. Einzelbeobachtung an.
Beschreibende und registrierende Beobachtung: Bei der beschreibenden Beobachtung handelt es sich um subjektive Wahrnehmungen und Eindrücke, die ohne weitere Vorgaben mit eigenen Worten, d. h. direkt schriftlich festgehalten werden. Eine beschreibende Beobachtung kannst du gut einsetzen, um Einzelbeobachtungen mit deinen Kolleginnen und Kollegen abzugleichen.
Bei der registrierenden Beobachtung geht es darum, eine Anzahl von Beobachtungen zu erfassen. Es handelt sich daher um eine quantitative Erfassung. Hierfür wird ein vorbereitetes Formular genutzt, in das du einträgst, wie häufig bestimmte Verhaltensweisen zu beobachten sind, wie etwa aggressive Ausbrüche oder andere Auffälligkeiten in einer bestimmten Situation im Kindergartenalltag. Dafür kannst du Strichlisten führen oder Zahlenangaben eintragen.
Kindergartenakademie-Tipp
Im hektischen Kita-Alltag ist es manchmal gar nicht so einfach, die erforderliche Bildungsdokumentation umzusetzen. Hierbei sind organisatorische Bedingungen ebenso entscheidend wie funktionierte Teamarbeit.
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Teamentwicklung in der Kita – Das Seminar für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Team
Beobachtungsbogen in der Kita einsetzen
Ob in der Krippe oder in der Kita: Geht es darum, deine Beobachtungen festzuhalten und für die weitere pädagogische Arbeit auszuwerten, kommt der Beobachtungsbogen zum Einsatz. Ein Beobachtungsbogen ist eine Ergänzung zur Bildungsdokumentation, die in jedem Bundesland gefordert wird. Die meisten Kindertageseinrichtungen nutzen dafür einen vorgefertigten, mehrseitigen Fragebogen, der Möglichkeiten zum Ankreuzen und für eigene Notizen bietet. Dieses Dokument umfasst Beobachtungen zur Sprachentwicklung, zur motorischen, kognitiven und sozialen Entwicklung eines Kindes, aber auch zum auffälligen Verhalten oder bei einem Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls.
Ein Beobachtungsbogen dient als Grundlage für Elterngespräche.
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Entwicklungsgespräche mit Eltern führen
Was bei einem Beobachtungsbogen wichtig ist
- Aktualität: Weil Kinder in ihrer Entwicklung oft große Sprünge machen, müssen auch die Beobachtungen stets auf einem aktuellen Stand sein. Nur so kannst du aussagekräftige Erkenntnisse daraus ziehen.
- Regelmäßigkeit: Das Ausfüllen und die Auswertung können im jährlichen, aber auch halbjährlichen Turnus erfolgen.
- Teamarbeit: Zwei Augenpaare sehen mehr als eins – um rein subjektive Beobachtungen zu vermeiden, lohnt es sich, die Meinung der Kollegen heranzuziehen.
- Eltern einbeziehen: Eltern und andere Bezugspersonen liefern wichtige Erkenntnisse. Lass daher auch die Erziehungsberechtigten einen Beobachtungsbogen ausfüllen. So findest du heraus, ob und wie sich das Verhalten deines Schützlings zuhause und in der Kita unterscheidet.
Sismik und Seldak-Bogen: Sprachentwicklung dokumentieren
In Deutschland besteht die Pflicht, den Sprachstand von Kindern im Vorschulalter zu dokumentieren, um Förderbedarf rechtzeitig zu erkennen.
Die Sprachentwicklung bei deutschsprachig aufgewachsenen Kindern zwischen 4 und 6 Jahren wird mit dem Seldak-Verfahren systematisch erfasst. Dieses nimmt nicht nur die Sprachentwicklung in den Blick, sondern auch die kulturellen Grundkompetenzen beim Lesen, Schreiben, Zuhören und Sprechen.
Bei Kindern mit Migrationshintergrund kommt dafür der Sismik-Beobachtungsbogen als diagnostisches Instrument zum Einsatz. Mithilfe des Vorgehens sollen pädagogische Sprachförderangebote und Sprechanlässe gezielt geschaffen werden.
Beide Verfahren dienen nicht dazu, Sprachstörungen zu diagnostizieren.
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Bildungsdokumentation: 3 Tipps für zeitsparende Strategien
Tipp 1: Lerngeschichten nutzen
Das wissenschaftliche Konzept der Lerngeschichten stammt von der neuseeländischen Erziehungswissenschaftlerin Margaret Carr und hat sich mittlerweile auch in Deutschland etabliert. Lerngeschichten sind Teil eines Portfolios. Dabei beobachten pädagogische Fachkräfte Kinder in besonderen Situationen (etwa beim Spielen) und schreiben diese Beobachtung in kindgerechter Sprache etwa in Form einer Geschichte auf. Diese beinhaltet das Ereignis und hebt dabei die Besonderheiten, Stärken und Entwicklungsschritte des Kindes hervor.
Der Vorteil: Bei einem gemeinsamen Projekt bietet es sich an, eine Lerngeschichte auch für mehrere Kinder zu nutzen, indem du diese etwa durch Fotos individualisierst. Auf diese Weise kannst du eine Dokumentation mehrfach verwenden.
Tipp 2: Aufgabenteilung und Absprachen im Team
Organisation ist alles! Das brauchen wir dir sicherlich nicht zu erzählen, das dürftest du aus deinem Arbeitsalltag kennen. Auch bei der Beobachtung und Dokumentation erleichtert eine konkrete Aufteilung die Arbeit im Team. Wichtig sind regelmäßige Absprachen. So kannst du z. B. auch Phasen dokumentieren, während sich deinen Kolleginnen und Kollegen um die Kinder kümmern.
Bring dich stets auf den aktuellen Stand und informiere dich über aktuelle Ereignisse. Auf diese Weise kannst du in deinen Beobachtungen mehrere Perspektiven einbringen, die dir bei einer objektiven Bewertung helfen.
Tipp 3: Vorlagen entwickeln
Entwickle im Team standardisierte Formulare, die du für deine Bildungsdokumentation nutzen kannst. So kannst du Informationen, Fotos und Texte schneller zusammenfügen und sparst viel Zeit. Auch für ein Portfolio kannst du auf Vorlagen und Textbausteine zurückgreifen.
Dokumentation und Diagnostik: Fort- und Weiterbildungsangebote
Die systematische, regelmäßige und strukturierte Beobachtung und Diagnostik spielt neben der Erziehung, Bildung und Förderung im Kita-Alltag eine entscheidende Rolle. Wir möchten dich dabei unterstützen, zur Expertin oder zum Experten auf diesem pädagogischen Handlungsfeld zu werden. Mit unseren Fort- und Weiterbildungsangeboten setzen wir genau dort an, “wo der Schuh drückt”, vermitteln dir wertvolle Kenntnisse anhand von Fallbeispielen aus der Praxis und schärfen deinen Blick auf kindliche Bildungsprozesse. Lerne uns kennen!
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LIVE ONLINE SEMINAR Traumata im Kindesalter
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