Immer mehr Kinder unter drei Jahren werden in der Krippe, bei einer Tagesmutter oder in einer Kindertageseinrichtung betreut. Nicht nur für die Kleinen stellt diese Veränderung eine Herausforderung dar, auch Eltern und Bezugspersonen benötigen in der Eingewöhnungsphase professionelle Unterstützung. Welche Aufgaben kommen in dieser spannenden und prägenden Zeit auf dich als pädagogische Fachkraft zu und wie kannst du den Erziehungsberechtigten unter die Arme greifen? Hier begleiten wir dich, die kleinsten Kita-Kinder und deren Eltern:

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Eingewöhnung in der Kita

Veränderungen können beängstigend sein, aber auch spannend und auch wir Erwachsenen brauchen unsere Zeit, um uns an neue Situationen oder Orte zu gewöhnen. Damit die Eingewöhnung in der Kita und die damit einhergehende Trennungserfahrung für die Kleinsten nicht zu einer Trennungsangst führt und als bedrohliche Situation abgespeichert wird, braucht es Zeit und Einfühlungsvermögen. Gerade die ersten Lebensjahre sind für Kinder besonders prägend. Jede gute wie auch schlechte Erfahrung nimmt großen Einfluss auf die spätere Persönlichkeitsentwicklung, das Sozialverhalten und die Bindungsfähigkeit. Ein Kind, das von seinen Eltern verlassen wird, aktiviert sämtliche Alarmsignale. Daher sollte der Übergang in die Fremdbetreuung schrittweise und schonend erfolgen.

Der Eingewöhnungsprozess in der Kita wird in der Regel auf zwei Eingewöhnungsmodelle zurückgeführt:

Berliner Eingewöhnungsmodell

Die Grundlage des Berliner Eingewöhnungsmodells bezieht sich auf die Bindungstheorie von John Bowlby. Die Eingewöhnung nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell wird in folgende Phasen unterteilt: 

  • Rechtzeitige Information: Eltern werden über den Ablauf der Eingewöhnung informiert.
  • Dreitägige Grundphase mit Elternteil: Während der ersten Eingewöhnungszeit bleibt ein Elternteil als “sicherer Hafen” in der Einrichtung, übernimmt dabei weiterhin die Pflege, während die Fachkraft über das Spielen einen ersten Kontakt zum Kind aufbaut. 
  • Erster Trennungsversuch: Am vierten Tag verlässt das Elternteil den Raum, aber nicht die Einrichtung. Die Trennungszeit beträgt ca. 30 Minuten.
  • Eingewöhnungsphase: Die Eingewöhnungszeit ist je nach Kind sehr unterschiedlich und kann etwa zwischen einer und drei Wochen variieren. 
  • Stabilisierungsphase: Die Länge der Trennungsphasen wird täglich gesteigert und die Pflegesituation wird nach und nach an die pädagogische Fachkraft übergeben, die sich als Spielpartner anbietet und auf die Bedürfnisse des Kindes reagiert. 
  • Schlussphase: Die Erzieherin oder der Erzieher wird zum “sicheren Hafen” und festen Bezugserzieherin in der Kita. Das Kind lernt die täglichen Abläufe und Routinen kennen und wird allmählich in die Gruppe eingeführt.

Münchener Eingewöhnungsmodell

Das Münchener Eingewöhnungsmodell bezieht sich auf das Berliner Eingewöhnungsmodell und wurde vom Entwicklungspsychologen E. Kuno Beller weiterentwickelt und bezieht auch die Rolle der anderen Kita-Kinder mit ein, die maßgeblich auf den Prozess der Eingewöhnung einwirken. 

  • Vorbereitungsphase: Erzieher und Eltern stehen in engem Austausch, treffen Absprachen und bereiten sich auf die Eingewöhnung vor. 
  • Kennenlernphase: Statt nur wenige Tage bleibt die Bezugsperson des Kindes eine Woche lang und über mehrere Stunden als “sicherer Hafen” in der Kita. Die anderen Kita-Kinder fordern das Kind zum Mitspielen auf. Im Idealfall entfernt es sich selbst von seiner Bezugsperson, so muss der Trennungsversuch nicht herbeigeführt werden. 
  • Sicherheitsphase: Immer mehr Tätigkeiten wie Ernährung und Pflege werden in die Hände der Erzieherin oder des Erziehers übergeben. Die Bezugsperson bleibt aber weiterhin für mehrere Stunden in der Kita.
  • Vertrauensphase: In dieser Zeit ziehen sich die Elternteile allmählich für einen Zeitraum von 30–60 Minuten aus der Kita zurück und verabschieden sich aktiv von ihrem Kind. Ziel ist es, dass es sich von der pädagogischen Fachkraft trösten lässt. Wenn sich das Kind nicht beruhigen lässt, wird der Trennungsversuch ein paar Tage später wieder gestartet. 
  • Auswertungsphase: Eltern und Erzieher tauschen sich aus, was in der Trennungszeit gut gelaufen ist und worauf noch stärker eingegangen werden muss. Lässt sich das Kind von der pädagogischen Fachkraft beruhigen und pflegen und hat es sich an die neue Umgebung gewöhnt, wird die Eingewöhnung als erfolgreich betrachtet.
Berliner EingewöhnungsmodellMünchener Eingewöhnungsmodell
Erste Trennung4. TagNicht vor dem 6. Tag
BeteiligteEltern, Kinder, Bezugserzieher/inEltern, Kind, Bezugserzieher/in, Gruppe
Dauer1 Stunde; möglichst die ganze Zeit2–3 Stunden, verschiedene Zeiten
ZielBezugserzieher/in soll zur vertrauten Person für das Kind werdenVertraute Situation für das Kind schaffen
OrtKleingruppenGanze Einrichtung

Im Alter zwischen sechs Monaten und einem Jahr sind Kleinkinder in der Lage, neben engen Vertrauten wie Mutter, Vater, Großeltern oder Geschwistern auch zu anderen Bezugspersonen wie Erzieherinnen und Erziehern eine Bindung aufzubauen. Je intensiver die Bindungsqualität ist, desto einfacher wird es für das Kind, sich selbstständig zu lösen, seine Umwelt zu erkunden und seine Selbstwirksamkeit zu stärken – begleitet von der Gewissheit, dass du als pädagogische Fachkraft immer da bist, um Sicherheit und Geborgenheit zu spenden.

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U3-Betreuung: Ernährung, Pflege und Sauberkeitsentwicklung

Zu der Betreuung von Kindern unter drei Jahren gehört natürlich auch, dass die Grundbedürfnisse erfüllt werden. Wichtig dabei ist aber, dass die Kleinsten diese alltäglichen Tätigkeiten nicht nur erlernen und erleben, sondern aktiv mitwirken dürfen, etwa in folgenden Situationen:.

  • Essenssituationen: Das Essen ist ein schöner, geselliger Anlass, bei dem Zwänge keinen Platz haben. Nutze das Essen dazu, um eine Beziehung zu den Kindern aufzubauen und lass sie eigenständig wählen, was sie probieren möchten und wie viel sie davon essen wollen. Feste Tischregeln und Rituale sind natürlich unerlässlich – führe diese spielerisch ein, indem du die Kinder z. B. zum gemeinsamen Tischdecken animierst. 
  • Wickelsituationen: Schon Säuglinge sollen bewusst an den Dingen beteiligt werden, die sie betreffen. Das bedeutet für Dich als Erzieherin oder Erzieher, dass du jederzeit mit den Kindern in Dialog treten, sprechen und direkten Augenkontakt herstellen, anstatt für Ablenkungen zu sorgen. Ältere Kinder sollten entscheiden dürfen, von wem sie gewickelt werden.
  • Schlafenssituationen: Je müder ein Kind ist, desto ausgeprägter ist das Bedürfnis nach Sicherheit und Bindung. Das kann dazu führen, dass das Schlafengehen alles andere als entspannt wird. Der Übergang vom Mittagessen zum Schläfchen sollte beruhigend und über Rituale im Kindergarten eingeführt werden, damit Kinder Orientierungspunkte haben und einschätzen können, was auf sie zukommt: Eine ruhige Stimme und sanfte Berührungen unterstützen die pflegerischen Tätigkeiten davor, wie etwa das Wickeln und An- und Ausziehen. Zeit, Geduld und die Bereitschaft, sich auf unterschiedliche Anforderungen der Kinder einzulassen, sind bei der Schlafbegleitung unerlässlich.

Passende Seminare:
Schlabberlatz und Krabbelmax – Tagesbetreuung von U1-Kindern
Ernährung in der Kita – Verstehen und richtig anwenden

Motorische Entwicklung von U3-Kindern

Jeder noch so kleine, tapsige Schritt oder unbeholfene Griff ist ein großer Meilenstein. Besonders das Laufen braucht seine Zeit. Denn beim Laufen geht es nicht nur darum, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es braucht: Gleichgewicht, Koordination und auch die Bewegung selbst muss erst erlernt und trainiert werden. Die sich entwickelnde Muskulatur befähigt das Kind auch zum Ausbau der grobmotorischen Fähigkeiten. Vom Krabbeln geht es über zum Laufen, Rennen, Springen, Hüpfen und Klettern. Durch die neu erprobten Bewegungsabläufe stehen den Kleinen plötzlich mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Das motiviert, sich noch mehr auszuprobieren. 

Spielerisch lässt sich die Motorik der Kleinen am besten fördern, etwa durch spezielle Bewegungsspiele.

Zur feinmotorischen Entwicklung zählen Bewegungen wie die Mimik, Mundbewegungen um Laute zu erzeugen, oder auch der Einsatz von Händen und damit die Entwicklung einer Augen-Hand-Koordination – das ist z. B. eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit die Kinder später das Schreiben lernen.

Raumgestaltung für U3-Kinder

Eine sinnvolle Raumgestaltung – gerade in Kita-Gruppen mit Altersmischung – soll die unterschiedlichen Interessen und individuellen Entwicklungsphasen von Kindern berücksichtigen. Kinder unter drei Jahren brauchen vor allem viel Platz und ein freies Sichtfeld. Wenn sie ihre Bezugsperson aus den Augen verlieren, kann das zu Stress führen und Ängste auslösen. Und wenn sie das Laufen noch nicht beherrschen, müssen sie sich krabbelnd ungehindert auf dem Boden bewegen und an freien Wänden abstützen können.

Allgemein sollte die Raumgestaltung in der Kita

  • bedürfnisorientiert und altersgerecht sein,
  • Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten bieten sowie

die Sinne anregen und damit Lust aufs Lernen und Ausprobieren machen.

Passende Seminare:
Altersmischung in der Kita – Kinder von 0 bis 6 Jahren gemeinsam betreuen
Raumgestaltung – der Raum als dritter Erzieher

Kommunikation und Sprachentwicklung bei U3-Kindern

Säuglinge und Kleinkinder besitzen von Geburt an soziale Fähigkeiten und sind zu Bindungen bereit. Schon in ihrer frühen Entwicklungsphase sind sie nicht nur von Reflexen und Instinkten gesteuert, sondern durchaus in der Lage, selbst Kontakt zu ihrer Umwelt aufzubauen. Ein großer Moment für viele Eltern ist der, sobald die Kleinsten auf ihre eigene, sehr niedliche Art und Weise zu kommunizieren beginnen: Das “soziale Lächeln” gilt als die erste motorische Antwort eines Säuglings auf sein Gegenüber. Wird das Lächeln erwidert, so kann es gleichgesetzt werden mit einem Gespräch, für das es keine Worte braucht. 

Wenn sich aus Lauten und Geräuschen Wörter formen, sind Kleinkinder etwa zwischen 9 und 18 Monaten alt, wobei natürlich jeder kleine Mensch in seiner Entwicklung sehr individuell ist und in seinem ganz persönlichen Tempo voranschreitet. Ab dem 18. Monat etwa kommt es zu einer so genannten “Wortschatzexplosion”: bei diesem Entwicklungsschritt in der Sprachentwicklung steigt der Wortschatz rapide an und wird täglich erweitert – auch um eigene Kreationen wie “Nane” oder “Fant”.
Als pädagogische Fachkraft kannst du die Sprachentwicklung wirksam unterstützen, denn durch eine frühe Förderung können Sprachauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen frühzeitig erkannt und angegangen werden.

Passendes Seminar:
Nane, Fant & Co. – Frühe Sprachbildung bei Kindern unter 3 Jahren

Elternarbeit mit Eltern von U3-Kindern

Die Eingewöhnungszeit stellt nicht nur die Kleinsten vor eine Herausforderung: Auch Eltern haben mit dem Prozess der Trennung zu kämpfen, wenn ihr Liebling in eine Kindertageseinrichtung oder Krippe aufgenommen wird. Deshalb gehört zu deiner Rolle als pädagogische Fachkraft auch die Begleitung und Unterstützung der Erziehungsberechtigten – auch weil eine erfolgreiche Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Erziehern und Erziehungsberechtigten für die Entwicklung des Kindes unerlässlich ist.
Dass das neben den vielen alltäglichen Aufgaben nicht immer so leicht umzusetzen ist, liegt auf der Hand. Nicht nur Sorgen und Ängste erschweren eine Zusammenarbeit, auch haben Eltern und Betreuungspersonen spezielle Vorstellungen, wenn es um die Erziehung und Entwicklung ihres Kindes geht, fühlen sich überfordert oder missverstanden – das bietet Konfliktpotential, welches deinerseits ein aktives Handeln erfordert, etwa wenn Folgendes auftritt:

  • Vorbehalte: Manche Mütter und Väter, die sich recht bald nach der Geburt ihres Kindes wieder für ihr Berufsleben entscheiden, sehen sich mit Vorurteilen und Vorbehalten konfrontiert – gerade wenn ihre Entscheidung nicht auf finanziellen Zwängen beruht. Dass eine frühe Trennung nicht schädlich ist, sondern sich eine qualifizierte Betreuung sogar sehr positiv auf die Entwicklung auswirken kann, kannst du mit Deinem Fachwissen am besten vermitteln und damit etwaige Zweifel und Schuldgefühle seitens der Eltern ausräumen.
  • Zweifel: Nimm es nicht persönlich, wenn Eltern deine Kompetenz in Frage stellen. Das rührt meist aus der Verunsicherung und dem Wunsch, ihr Kind in guten Händen zu wissen. Durch einen regelmäßigen Austausch hältst du deine Arbeit transparent und kannst die Eltern und Bezugspersonen des Kindes auch zum Mitwirken einladen, etwa in Form von Elternbefragungen.
  • Innere Leere: Die Trennungsphase während der Eingewöhnungszeit kann bei Eltern Angst und eine innere Leere hinterlassen. In einer solchen Situation brauchen Mütter und Väter viel emotionale Unterstützung und profitieren von deiner Geduld. Idealerweise gelingt es dir, verlässlich das Gefühl zu vermitteln, dass das Kind in der Kita in guten und gewissenhaften Händen ist.
  • Konkurrenz- und Verlustängste: Wenn in das Leben des Kindes eine weitere Bezugsperson tritt, kann das bei manchen Elternteilen ein Konkurrenzgefühl auslösen, das in Verlustängsten begründet liegt. Stellst du fest, dass ein Elternteil übermäßig oft Kritik an deiner Arbeit übt oder regelrecht nach Fehlern und Mängeln bei der Fremdbetreuung sucht, könnte das ein Warnsignal sein. Statt mit Verärgerung zu reagieren, hilft es, Verständnis zu zeigen. Ein klärendes, offenes Elterngespräch bringt dich in dieser Situation am besten weiter.

Passende Seminare:
Schnulleralarm in der Kita – Familien mit U3-Kindern begleitend unterstützen
Professionelle und kompetente Elterngespräche führen

Fort- und Weiterbildungsangebote für Betreuung von U3-Kindern

In der Zusammenarbeit mit Kindern lernen wir Erwachsenen nicht aus. Immer wieder überraschen uns die wissbegierigen Kleinen mit ihrer Neugier! Da die vielfältigen Erfahrungen, die sie im Lebensabschnitt bis zum 3. Lebensjahr machen, prägend sind und Einfluss auf ihre weitere Entwicklung nehmen, ist es wichtig, gut auf die Arbeit und Betreuung von U3-Kindern vorbereitet zu sein. Werde Profi in deiner Einrichtung – wir von der Kindergartenakademie unterstützen dich auf deinem Weg!

Passende Seminare:
Fachkraft für Kleinkindpädagogik
Zertifizierte Krippenfachkraft