Das Zuhause wie auch die Kita sollen für Kinder ein sicherer Hafen und Zufluchtsort sein. Doch in manchen traurigen Fällen trifft das leider nicht zu. Liegt der begründete Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung vor, müssen pädagogische Fachkräfte aktiv werden. Kinderschutz hat innerhalb und auch außerhalb der Kindertageseinrichtung oberste Priorität und stellt für Erzieherinnen und Erzieher eine verantwortungsvolle Aufgabe dar. Da diese nicht nur auf einer rechtlichen Grundlage fußt, sondern für Fachkräfte als gesetzlicher Auftrag definiert ist, ist eine umfangreiche Fachkenntnis zu den Themen Kinderschutz und Kindeswohlgefährdung elementar. Frische mit uns dein Wissen auf!

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Überblick zum Thema Kinderschutz

Kinderschutz: Der Schutzauftrag nach § 8a SGB VIII

Kinder und Jugendliche sind nicht unmündig oder “unfertige Erwachsene”: Sie haben das Recht auf Schutz vor körperlichen, seelischen und geistigen Übergriffen. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, selbstbestimmt zu entscheiden, zu selbstständigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten heranzuwachsen und dabei Stabilität durch ihre erziehungsberechtigten oder sorgeberechtigten Bezugspersonen zu erfahren. Die Sicherung der Kinderrechte ist daher ein fester Bestandteil im pädagogischen Konzept.

Der Kinderschutzauftrag ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz im Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt und wurde 2012 im Bundeskinderschutzgesetz modifiziert, etwa durch eine stärkere Vernetzung zwischen den beteiligten Institutionen. Gemäß § 8a SGB VIII sind auch Kindertageseinrichtungen dazu verpflichtet, tätig zu werden, wenn der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorliegt. Dann ist oder wird eine gezielte Beobachtung erforderlich,  die Erstellung einer Diagnose liegt jedoch nicht im Aufgabenbereich von pädagogischen Fachkräften. Über das angemessene Vorgehen im Fall einer Kindeswohlgefährdung informieren wir dich in unserem Seminar!

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Was ist Kindeswohlgefährdung?

“Kindeswohl” ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Es gibt daher keine allgemeine Definition, was darunter zu verstehen und zu fassen ist. Als Orientierung können sowohl die Grundrechte, als auch die Grundbedürfnisse von Kindern herangezogen werden. Eine Gefährdung des Kindeswohls liegt vor, wenn diese Rechte verletzt oder missachtet werden.

Kinderrechte nach der EU-Grundrechtecharta

1. Recht auf Gleichheit
2. Recht auf Gesundheit
3. Recht auf Bildung
4. Recht auf elterliche Fürsorge
5. Recht auf Privatsphäre und persönliche Ehre
6. Recht auf Meinungsäußerung, Information und Gehör
7. Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht
8. Recht auf Schutz vor Ausbeutung und Gewalt
9. Recht auf Spiel, Freizeit und Ruhe
10. Recht auf Betreuung bei Behinderung

Kindeswohlgefährdung ist ein komplexes Thema, das unter anderem Empathie, eine hohe Aufmerksamkeit und objektive Beobachtungen erfordert. Während in manchen Situationen eindeutig Handlungsbedarf vorliegt, weil die Umstände die seelische, geistige oder körperliche Gesundheit eines Kindes gefährden, sind andere Situationen nicht so einfach einzuschätzen. Liegt etwa der Verdacht auf eine Vernachlässigung vor, wenn das Kind ungewaschen und ohne Frühstück in die Kita gebracht wird? Soziale Probleme innerhalb der Familie oder eine Lebensweise, die du als Erzieherin oder Erzieher als “von der Norm abweichend” beschreiben würdest, könnten zwar belastend wirken, sind aber rechtlich nicht strafbar.

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Formen der Kindeswohlgefährdung

  • Misshandlungen: Misshandlungen äußern sich nicht nur durch körperliche Übergriffe wie Schlagen, Schubsen, Schütteln und äußere Verletzungen durch Gewalt. Sie umfassen ebenso auf emotionaler Ebene psychische Gewalt wie Demütigungen, die einem Kind vermitteln, es sei fehlerhaft oder unerwünscht.
  • Vernachlässigungen: Vernachlässigung kann auf emotionaler und körperlicher Ebene erfolgen und deutet auf einen Mangel hin. Unter emotionaler Vernachlässigung fällt zum Beispiel fehlende Geborgenheit und Zuneigung. Aber auch, wenn erzieherische Pflichten nicht umgesetzt werden und das Kind sich selbst überlassen wird, ist von Vernachlässigung die Rede. Körperliche Vernachlässigung kann durch eine mangelhafte oder fehlende Versorgung entstehen, etwa bei der Ernährung oder Hygiene des Kindes.
  • sexualisierte Gewalt: Wichtig zu wissen ist, dass sexualisierte Gewalt nicht nur mit, sondern auch ohne Körperkontakt stattfinden kann. Sexualisierte Gewalt beginnt bereits bei Grenzverletzungen, die von Kindern als unangenehm empfunden werden oder Scham auslösen. Dazu gehört etwa, wenn Kinder nicht die Möglichkeit erhalten, allein die Toilette aufzusuchen oder in ihrem Bett zu schlafen. 

Sexualisierte Gewalt kann sich nicht nur in Beziehung zwischen Kindern und ihren Eltern bzw. Bezugspersonen ereignen. Auch das Verhältnis und Verhalten der Kinder untereinander kann zu Grenzüberschreitungen führen. Daher gehört Sexualpädagogik als wichtiges Themenfeld zu der Arbeit mit Kindern dazu. Der Schutz des eigenen Körpers, aber auch das Anerkennen der Grenzen des Gegenübers sind wichtige Aspekte bei der Prävention von sexualisierter Gewalt.

Sexuelle Handlungen bzw. Übergriffe wie unerwünschter Körperkontakt und sexueller Missbrauch sind in ihrem Ausmaß unvorstellbar und die schwerste Form von sexualisierter Gewalt. Es ist nur allzu verständlich, wenn auch du als pädagogische Fachkraft dieses sensible Thema als aufwühlend empfindest. Dennoch kommt es gerade bei Anzeichen von Missbrauch darauf an, einen kühlen Kopf zu bewahren und professionell mit dem Thema umzugehen.

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Liegt ein begründeter Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung wie etwa einen Missbrauch vor, sind die Ursachen und Zusammenhänge vielfältig. Auch wenn oft das Klischee vorherrscht, dass Kinder, die von Armut betroffen sind, häufiger gefährdet sind, ziehen sich Gewalterfahrungen durch alle Schichten. Gehe sensibel, offen und vorurteilsfrei an die Situation heran: 

  • Unterstützung: Vermittele dem betroffenen Kind das Gefühl, dass es gesehen und ernst genommen wird. 
  • Beobachtungen: Notiere deine Beobachtungen, wie etwa Auffälligkeiten, die du im Verhalten des Kindes feststellen kannst. Ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, lässt sich nur aus den Gesamtumständen beurteilen. Beziehe daher mehrere Beobachtungen und Faktoren, wie etwa psychosoziale Faktoren (Stress, Isolation) oder Risikofaktoren (Sucht, Krankheiten, vorherige Gewalterfahrungen) mit ein. 
  • Hilfsangebote: Sprich dich intern in deiner Einrichtung ab und lege die Maßnahmen fest, mit denen du im betreffenden Fall weiter verfahren willst. Dazu dient auch das Kinderschutzkonzept. Zu den Maßnahmen könnte z. B. ein Elterngespräch zählen. In schwerwiegenden Fällen sollten die Träger oder die zuständige Behörde umgehend in Kenntnis gesetzt werden, um die passenden Hilfsangebote in die Wege zu leiten.

Gewaltfreie Erziehung in der Kita

Risikofaktoren wie Überforderung können nicht nur bei Eltern und Erziehungsberechtigten unangemessene Verhaltensweisen gegen Kinder auslösen. Machst du die Beobachtung, dass es in deinem Team zu Gewaltausübungen und Grenzüberschreitungen im Umgang mit Kindern kommt, etwa indem eine Kollegin oder ein Kollege laut oder gar handgreiflich wird, solltest du umgehend das Gespräch suchen. Wenn sich die Person nicht einsichtig zeigt, muss sie der zuständigen Kita-Leitung gemeldet werden – denn die Kinder können in dieser Situation nicht für sich sprechen und einstehen und brauchen dann dringend deine Unterstützung.

Gewaltfreie Erziehung in der Kita sollte selbstverständlich sein, ist es aber in manchen Fällen nicht, selbst wenn am Umgang zwischen Erziehern und Kindern auf den ersten Blick nichts ungewöhnlich erscheint. Im Fall von psychischer Gewalt etwa ist es häufig nicht leicht, diese als solche zu identifizieren. Wenn es im Kita-Alltag turbulent zugeht und die pädagogische Fachkraft sich mit vielen Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert sieht, kommt es vielleicht vor, dass sie oder er sich im Ton vergreift, dem Kind Vorwürfe macht (“Du brauchst immer so lange!”), mit Erpressung reagiert (“Wenn du nicht aufisst, darfst du nicht mitspielen!”)  oder das Kind nicht trösten möchte, weil es sich nicht schnell genug beruhigen lässt. Aber eine Kita muss ein sicherer, gewaltfreier Ort für die Kleinen sein! Zumal pädagogische Fachkräfte einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Entwicklung leisten und somit auch gesunde Werte und Verhaltensweisen wie eine gewaltfreie Kommunikation vorleben sollten.

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Was ist ein Schutzkonzept?

Ein Kinderschutzkonzept dient der Prävention und Intervention vor bzw. bei sexualisierter Gewalt und ist als eine Art einrichtungsbezogener Notfallplan zu sehen. Es soll dich für die Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung sensibilisieren und entsprechende Handlungsanweisungen an die Hand geben. In erster Linie ist das Schutzkonzept in der Kita dafür da, die Rechte und das Wohlergehen der Kinder in einer Kindertageseinrichtung zu sichern.

Die Entwicklung und Umsetzung eines Kinderschutzkonzepts ist im Bundeskinderschutzgesetz verbindlich festgeschrieben, es gibt allerdings keine festgelegten Standards. Zwar ist für die Erstellung des Schutzkonzepts die pädagogische Leitung verantwortlich, doch ist es wichtig, dass das gesamte Team das Schutzkonzept gleichermaßen in der Einrichtung mitträgt und lebt.

Wie wird ein Schutzkonzept erstellt?

Da es für ein Schutzkonzept keine standardisierten Vorgaben gibt, ist jede Einrichtung und jeder Träger für die Inhalte des institutionellen Schutzkonzepts verantwortlich, weshalb diese variieren können. Zu den Bestandteilen eines Kinderschutzkonzepts könnten gehören: 

Rechtliche Grundlage: An dieser Stelle wird die rechtliche Grundlage, wie etwa das Bundeskinderschutzgesetz und der Schutzauftrag, aufgeführt.

Grenzverletzungen und Grenzübertritte: Was sind Formen der Gewalt, z. B. psychische oder sexualisierte Gewalt? Was zählt als Grenzüberschreitung? Im Schutzkonzept werden die Formen und Faktoren definiert.

Risikoanalyse und Handlungsabläufe: Zur Risikoanalyse gehören mögliche Situationen, in denen sich Formen der Kindeswohlgefährdung in der Kita ereignen könnten, etwa im Umgang zwischen Kindern und ihren Eltern oder ihren Erziehern, aber auch zwischen den Kindern untereinander. Klare Regeln helfen den Beteiligten, sich in den entsprechenden Situationen angemessen zu verhalten und Grenzen zu respektieren. Für pädagogische Fachkräfte werden konkrete Handlungsanforderungen und Abläufe je nach Situation erarbeitet, definiert und im Schutzkonzept festgehalten.

Fortbildung im Bereich Kinderschutz in der Kita

Kinderschutz ist kein einfaches, aber ein umso wichtigeres Thema. Dabei erfordert nicht nur die Theorie und rechtliche Grundlage, sondern vor allem die praktische Auseinandersetzung mit den Formen der Kindeswohlgefährdung einen professionellen und präventiven Umgang. Damit Kinderrechte nicht nur auf Papier festgeschrieben sind, sondern im Kita-Alltag aktiv gelebt werden, unterstützen wir dich mit unseren Seminaren bei der Umsetzung deines Schutzauftrags!

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