Für Fachkräfte im Kita-Alltag ist es wichtig zu wissen, dass es hochsensible Kinder gibt, die für verschiedene Reize besonders empfindsam sind und darauf schnell reagieren. Das Wissen rund um die Hochsensibilität kann dabei helfen, diese Kindern von Anfang an gut in ihre Gruppe zu integrieren, sie optimal zu unterstützen und ihren Eltern und Familien Tipps an die Hand zu geben, damit sie ihren besonders sensiblen Kleinkindern, Kita-Kindern und Schulkindern ein verlässlicher Hafen sind. 

Wir erklären dir, wie das gelingen kann, was Hochsensibilität ausmacht und wie ein achtsamer Umgang mit hochsensiblen Kindern in der Kita gelingt.

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Was ist Hochsensibilität?

Hochsensibilität (auch Hypersensibilität) lässt sich sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern finden. Da es sich um einen vererbbaren Wesenszug handelt, ist oft mindestens ein Elternteil von hochsensiblen Kindern ebenfalls hypersensibel.Hochsensible Kinder haben besonders ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeiten: Sie sind besonders empfänglich für Eindrücke über ihre fünf Sinne (Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen) und nehmen ihre Umwelt besonders fein, intensiv und schnell wahr. Anders als andere Kinder können sie dadurch schnell überstimuliert werden.

Die US-amerikanische Psychologin Elaine N. Aron prägte den Begriff der Hochsensibilität, als sie 1996 begann, zu diesem Thema zu forschen. Grund dafür war ihre eigene Hochsensibilität. Ihre Forschungsergebnisse aus vielen hundert Gesprächen mit Hochsensiblen hat sie in mehreren Büchern zum Thema veröffentlicht; heute gilt sie als Pionierin auf diesem Gebiet. Aron etablierte die Bezeichnungen “high sensitive person” (dt. hochsensible Person, abgekürzt: HSP) und “hochsensible Kinder” (HSK) und erreichte, dass Hochsensibilität in der Wissenschaft als eigenständiges Persönlichkeitsmerkmal aufgefasst wird.

Mit ihren Forschungen in den USA fand sie heraus, dass knapp ein Fünftel aller Menschen als hochsensibel zu bezeichnen ist. Übertragen auf eine Gruppe von 20 Kita-Kindern wären dies immerhin vier hochsensible Kinder. Grund genug also, sich mit der Hochsensibilität bei Kindern zu befassen!

Wie äußert sich Hochsensibilität bei Kindern?

  • Hohe Empfindsamkeit
    Manche Kinder sind sehr empfindsam und reagieren stark auf Sinneseindrücke wie Geräusche, Licht oder Gerüche. Auch sensorische Reize wie Berührungen eines kratzigen Stoffes auf der Haut können sie sehr einnehmen. HSK können schnell überfordert sein und brauchen daher viel Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten.
  • Hohe Feinfühligkeit und Empathie
    Zu den Eigenschaften vieler hochsensibler Kinder zählt auch eine hohe Sensibilität im sozialen Bereich; sie nehmen die Gefühle anderer sehr intensiv wahr. Sie haben oft ein großes Einfühlungsvermögen und können selbst schnell traurig oder verletzt sein, wenn sie das Leid anderer spüren und mitfühlen. Zudem sind sie oft aufmerksame Zuhörer und verfügen über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
  • Vermeintliche Schüchternheit: 
    HSK befinden sich oft in einer Beobachterrolle, was von Außenstehenden oft mit Angst, Scheu oder Schüchternheit etikettiert wird. Insbesondere in einer neuen Situation, etwa in einer quirligen, lauten Gruppe, sind sie oft überwältigt von den vielen Eindrücken. Daher beobachten sie zunächst die Umgebung, die Haltung und Verhaltensweisen der anderen. Mit ihrer feinen Wahrnehmung versuchen sie differenziert zu erfassen, welchen Platz sie in diesem Gefüge einnehmen können.Wie man vermuten könnte, ist die Mehrheit der Hochsensiblen nach Arons Forschungen als introvertiert zu bezeichnen, wenn man Introvertiert so auffasst, wie es nach Aron die meisten Menschen tun, nämlich als Grad der Geselligkeit eines Menschen. Doch tatsächlich gibt es auch extrovertierte HSK, die wenig unsicher und zurückhaltend sind.
  • Hohe Reflektiertheit:
    Hochsensible Kinder neigen auch dazu, sehr tiefgründig nachzudenken, vieles zu hinterfragen und sich viele Gedanken zu machen. Sie beschäftigen sich oft mit existenziellen Fragen und haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Antworten, sie wollen ihre Umwelt verstehen. Nicht selten gehen damit Schlafprobleme einher: Vor allem Kinder, die bereits in die Schule gehen, kommen tagsüber nur selten zur Ruhe und beginnen abends vor dem Einschlafen, das Erlebte im Kopf zu verarbeiten – mit all den entstandenen Fragen, den Problemen, erlebten Gefühlen und Ängsten.
  • Gewissenhaftigkeit:
    Viele HSK sind nahezu Perfektionisten und arbeiten sehr gewissenhaft. Die Folge: Durch den oft selbst erzeugten Druck können die Tätigkeiten sehr anstrengend werden und die Betroffenen geraten in eine Situation der Überforderung.
  • Kreativität und viel Fantasie: 
    Gleichzeitig können HSK sehr kreativ sein und ihre Empfindsamkeit in Kunst oder Musik besonders entfalten. Oft lässt sich auch eine Kopplung von Hochsensibilität und Hochbegabung beobachten.

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Einige Eigenschaften und Merkmale im Verhalten von Kindern mit ADHS, Hochsensibilität und Autismus überschneiden sich. Eine eindeutige Diagnose vom Kinderarzt ist daher oft nur mit umfassenden Tests möglich und stellt insbesondere die Eltern vor Herausforderungen, wenn sie die Bedürfnisse ihrer Kinder verstehen und einen optimalen Umgang damit finden wollen. Die Unterstützung von pädagogischen Fachkräften in der Tagesbetreuung der HSK ist hierbei eine große Hilfe: Gezielte Weiterbildungen können Erzieherinnen und Erziehern das Erkennen und Verstehen von Kindern mit diesen Besonderheiten erleichtern.

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Was bedeutet Hochsensibilität bei Kindern für Erzieher?

Manche Verhaltensweisen hochsensibler Kinder sind für Betreuende zunächst schwer nachzuvollziehen und könnten daher falsch interpretiert werden. Hier einige Beispiele für derartige Situationen:

  • plötzliche Wutanfälle, für Außenstehende oft unerklärbar 
  • die Verweigerung, an gemeinsamen Aktivitäten teilzunehmen
  • eine Abneigung gegen Lebensmittel einer bestimmten Farbe
  • eine enorme Ausdauer, Tätigkeiten besonders akribisch und gewissenhaft ausführen zu wollen

Gerade in einer größeren Gruppe an Kindern sind Erzieherinnen und Erzieher daher gefordert, die Bedürfnisse hochsensibler Kinder besonders im Blick zu behalten und eine angemessene Reaktion zu finden, um Überforderung und eine Überstimulation des Nervensystems zu vermeiden. Gleichzeitig kommt ihnen die Aufgabe zu, hochsensible Kinder gut in die Gruppe zu integrieren und sie in ihrem Tun zu bestärken. Fühlen sich HSK in der Kita gut aufgehoben, können sie besser lernen, ein gesundes Selbstbewusstsein aufbauen und ihre Fähigkeiten entfalten.

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Der Umgang mit Reizüberflutung und Überforderung der Kinder

HSK im Kindergarten können schnell von zu vielen Reizen überwältigt und überstimuliert werden – seien es Geräusche oder ihr Gefühlsleben in einer bestimmten Situation. Als Kita-Erzieher ist es wichtig, darauf zu achten und angemessen zu reagieren. Hilfreich kann beispielsweise sein

  • eine ruhige Ecke in der Kita einzurichten, in der sich die Kinder zurückziehen können oder
  • Geräusche und visuelle Reize möglichst zu reduzieren.

Wichtig ist auch, dass Eltern darüber informiert werden, wie sie ihr hochsensibles Kind in akuten Situationen unterstützen können und welche Maßnahmen in der Kita getroffen werden. Gemeinsam mit den Eltern kannst du Strategien entwickeln, um eine Reizüberflutung im Alltag zu vermeiden oder besser damit umzugehen.

Jedes Kind ist einzigartig und benötigt individuelle Unterstützung. Daher bist du als pädagogische Fachkraft gefragt, das hochsensible Kind bestmöglich zu begleiten und ihm dabei zu helfen, seine Hochsensibilität als Stärke wahrzunehmen.

Raumgestaltung für hochsensible Kinder

Um hochsensible Kinder in der Kita optimal zu unterstützen, ist auch die Gestaltung der Umgebung von großer Bedeutung:

  • Besonders bei Kleinkindern und Babys ist ein ruhiger Raum wichtig, um Überstimulation zu vermeiden. 
  • Für ältere Kinder ist ein ruhiger Rückzugsort empfehlenswert.
  • Auch sollten die Räume nicht zu vollgestellt sein, um den Kindern genug Platz zum Spielen und Entfalten zu geben. 
  • Eine gut strukturierte Einrichtung mit klaren Bereichen für verschiedene Aktivitäten kann dazu beitragen, dass sich hochsensible Kinder gut orientieren können und sich sicher fühlen. 
  • Reize wie Lärm oder grelles Licht sollten auf ein Minimum reduziert werden. 

Auf diese Weise kann das Kita-Team dazu beitragen, dass hochsensible Kinder trotz ihrer Hochsensibilität gut in der Gruppe zurechtkommen und sich wohlfühlen.

Eingewöhnung hochsensibler Kinder

Die Eingewöhnung als Übergang zwischen dem gewohnten Zuhause und dem noch unbekannten Kindergarten

  • mit vielen neuen Gesichtern und Beziehungen, 
  • anderer Struktur im Tagesablauf,
  • neuen Gruppenraum, 
  • anderem Essen und neuen Gerüchen

fordert Hochsensible auf allen Ebenen und kann mit großem Stress für alle Beteiligten einhergehen.

Denn auch für Eltern hochsensibler Kinder – von welchen oft mindestens ein Elternteil auch hochsensibel ist – ist diese Veränderung sehr einschneidend: Ihr Kind, das sie mit seinen besonderen Bedürfnissen so lange in Sicherheit wiegen konnten, geben sie nun zwar in professionelle, aber dennoch kaum vertraute Hände.

Erzieher sind daher besonders am Anfang dieser Erziehungspartnerschaft doppelt gefordert: Ihnen wird einerseits abverlangt, die Gefühle, Bedürfnisse und Stimmungen des Kindes richtig zu deuten und damit umzugehen, andererseits brauchen diese Eltern womöglich selbst mehr Zeit und Unterstützung, um die neue Situation zu verarbeiten und anzunehmen. Regelmäßige und einfühlsame Elterngespräche können dabei helfen, eine von Vertrauen geprägte Beziehung aufzubauen.

Zusammenarbeit mit den Eltern von HSK

Hochsensible Kinder brauchen oft eine besonders sensible Betreuung und Unterstützung, sowohl in der Kita als auch zu Hause. Die Familie spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von hochsensiblen Kindern – je besser sie informiert ist, desto besser können Eltern und Bezugspersonen ihr Kind unterstützen. Daher ist es besonders wichtig, mit den Bezugspersonen der HSK einen laufenden Austausch zu pflegen:

  • Eine offene Kommunikation zwischen euch kann dazu beitragen, dass das Kind besser verstanden wird und sich gut eingewöhnt. 
  • Biete daher am besten regelmäßig Feedbackgespräche an, um über die Entwicklung des Kindes zu sprechen und eventuelle Probleme oder Herausforderungen zu besprechen. 
  • Gemeinsam könnt ihr an Lösungen arbeiten, Erfahrungen und Tipps austauschen.

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Hochsensible Kinder fördern und unterstützen: 8 Tipps für Fachkräfte

1. Einrichtung von Rückzugsmöglichkeiten: Hochsensible Kinder sind oft durch laute Geräusche oder eine ungewohnte Umgebung überfordert. Schaffe daher einen ruhigen Raum oder Bereich in der Kita, in den sie sich zurückziehen können. 

2. Emotionen und Bedürfnisse ernst nehmen: Wenn ein hochsensibles Kind sagt, dass ihm etwas unangenehm ist, glaube es ihm und nimm seine Bedürfnisse ernst. 

3. Struktur und Routine: Hochsensible Kinder fühlen sich in einem strukturierten und vorhersehbaren Tagesablauf sicherer. Feste Rituale wie der Morgenkreis stellen daher hilfreiche Routinen für die Kinder dar.

4. Überstimulation vermeiden: Reduziere nach Möglichkeit die visuellen und akustischen Reize im Raum und sorge so dafür, dass das Kind nicht überfordert wird oder einen ruhigen Rückzugsort hat. 

5. Positives Feedback: Hochsensible Kinder neigen dazu, schnell negative Emotionen zu entwickeln, wenn sie kritisiert werden oder gar eine Strafe erhalten. Hier ist daher eine positiv und wertschätzend formulierte Rückmeldung besonders wichtig. 

6. Enge Kommunikation mit den Eltern: Kommuniziere regelmäßig mit den Eltern, um auf beiden Seiten ein besseres Verständnis für das Verhalten des Kindes zu bewirken.

7. Fördere die Stärken des Kindes: Hochsensible Kinder haben oft besondere Talente und einen Hang zur Kreativität, die gefördert werden können. Beobachte das Kind genau und finde heraus, was ihm gefällt und woran es Spaß hat. Ermuntere es, an diesen Aktivitäten dran zu bleiben, sodass es Selbstwirksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung erfahren kann.

8. Selbstfürsorge: Wichtig ist zudem, dass du als verantwortliche Fachkraft Selbstfürsorge pflegst. Der Umgang mit hochsensiblen Kindern kann anstrengend sein, achte daher auf deine eigene körperliche und emotionale Gesundheit.

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Fortbildung Hochsensibilität bei Kindern

Das Wissen zur Hochsensibilität bei Kindern hilft Erzieherinnen und Erziehern in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, denn nur so können sie Merkmale der Hochsensibilität erkennen und danach handeln. Du wünschst dir einen guten Überblick zum Thema, Praxistipps und Unterstützung, um zu erkennen, was du als Begleiter dieser Kinder leisten kannst und was nicht? Oder du möchtest als Fachkraft für Inklusion dafür sorgen, dass HSK mit ihren besonderen Ansprüchen gesehen und gefördert werden? In unserer Fortbildung findest du weitreichendes Know-How und wertvollen Input für deine tägliche Arbeit:

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